JavaScript ist deaktiviert!
Bitte aktivieren Sie JavaScript, um die Seiten richtig betrachten und allen Funktionen der Seiten nutzen zu können.
Pink Apple



Wenn Welten dazwischenliegen…

Zeitlich, geografisch, ideell – so ausgreifend war Pink Apple noch nie! Fangen wir mit der Zeit an: Unser jüngstes Werk ist eine Weltpremiere made in Switzerland – der Dokumentarfilm «Rot und Grün» zu HIV und Aids. Unser ältester Streifen, das «Babylied» von Oskar Messter, stammt aus dem Jahr 1904. Es gehört zu einer Reihe Werke aus der Frühzeit des Films zum Thema Crossdressing und Rollentausch: die «Hosen-Rocken- Picture-Show» – ein augenöffnendes Spektakel aus der Frühzeit des Films. Darin wird Homoerotik spielerisch leicht und kokett inszeniert – ebenso die Geschlechterhierarchie, die man mit einem simplen Kleidertausch scheinbar so einfach aus den Angeln heben konnte.

Dies zeigt nicht nur, dass das Thema im Film so alt ist wie der Film selbst, sondern illustriert auch die seit Anbeginn mit der Darstellung von Homosexualität verbundenen Utopien! 110 Jahre Film liegen zwischen dem «Babylied» und «Rot und Grün», die nicht zuletzt auch technisch eine grosse Evolution zeigen: Die Filme der «Hosen-Rocken-Picture-Show» sind die einzigen Titel in unserem diesjährigen Programm, die noch auf Filmstreifen projiziert werden. Auch Pink Apple ist unwiderruflich im digitalen Zeitalter angekommen!

Unser diesjähriges Programm besteht aus rund 90 Filmen aus 25 Ländern. «Soongava», der erste Lesbenfilm aus Nepal etwa, ist zum einen ein Meilenstein für das südasiatische Land, das nur knapp dreimal so gross ist wie die Schweiz. Es zeigt in seiner dramatischen Handlung aber auch, wie eine fortschrittliche Gesetzgebung – die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen in der nepalesischen Verfassung ist in Vorbereitung – und eine (dezidiert) traditionelle Gesellschaft aufeinanderprallen.

Ebenso in Südafrika, das im diesjährigen Pink Apple mit den Werken von Zanele Muholi einen Schwerpunkt im Programm bildet: Zentral für das Schaffen dieser mittlerweile hoch gehandelten Fotografin, die sich auch als Aktivistin versteht, sind das Sichtbarmachen der schwarzen lesbischen Community mit ihren eindringlichen Porträts von «Faces & Phases» etwa. Aber sie dokumentiert auch die brutalen Spuren von «Hate Crimes», und klagt damit die «korrektiven» Vergewaltigungen an, mit denen man Lesben im Süden Afrikas fast tagtäglich zu «heilen» sucht.

Ähnlich konträre Signale erreichen uns aus einem anderen Hotspot der aktuellen Tagespolitik: Der Spielfilm «Out in the Dark» und der Dokumentarfilm «The Invisible Men» aus Israel/Palästina thematisieren die Ausweglosigkeit schwuler Palästinenser. Bedroht an Leib und Leben, bleibt oft nur die Flucht aus der Heimat – als illegale Einwanderer nach Israel.
Um dem Ganzen wieder einen leichteren Touch zu geben, ist von ebendort die israelische Gruppe Eurofalsh mit ihren Performances mit Eurovisions-Songs zu Gast – und damit sei ein weiterer Schwerpunkt des diesjährigen Pink Apple angeschnitten: der Eurovision Song Contest und seine Queerness. Ein Film zur Geschichte des ESC und ein Vortrag («It’s Oh So Queer!» von Peter Rehberg) spüren dem Phänomen den Puls.

Unser diesjähriges Programm zeigt nicht zuletzt auf, wie unterschiedlich die Positionen und entsprechend die Forderungen der Gay Communities in den verschiedenen Ländern dieser Erde sind: Während in westlichen Ländern die lesbisch- schwule Gemeinde insbesondere vom Kinderwunsch, dessen Umsetzung und der damit verbundenen rechtlichen Anerkennung umgetrieben wird («Right 2 Love», «Gayby», «Zwei Mütter», «20 Lies, 4 Parents and a Little Egg» u.a.m.), geht es in andern Ländern ums nackte Überleben, so etwa in Uganda und im Film «Call Me Kuchu».

Und doch, es hat sich – zumindest in hiesigen Breitengraden – vieles getan, das zeigen die verschiedenen Rückblicke in die Vergangenheit: etwa mit dem französischen «Les invisibles» über betagte Lesben und Schwule, die aus ihrem langen Leben erzählen und aus einer Zeit, in der sich noch vieles im Geheimen und Verborgenen abspielte (abspielen musste) – oder mit «Out in Ostberlin, Lesben und Schwule in der DDR», der ein Schlaglicht wirft auf homosexuelles Leben hinter dem Eisernen Vorhang. Zwei Schwerpunkte setzen sich zum einen mit der Geschichte des Zürcher «Kreis» auseinander – im Hinblick auf die Fertigstellung des Films von Stefan Haupt und Ivan Madeo –, zum andern mit dem Thema Glauben und Homosexualität – dies in Frauenfeld, wo die Anfänge des Festivals vom Aufmarsch fundamentalchristlicher Demonstranten geprägt waren. Im Bewusstsein, dass Akzeptanz nicht nur ein juristisches «Problem» ist, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe, die immer wieder von neuem angegangen werden muss, stehen unser Podium zu Homosexualität/Homophobie und Schule und die Vorführung für Lehrpersonen zum Thema («It’s Elementary»). Es gibt noch viel zu tun. Wir bleiben dran!

Euer Pink-Apple-Team